Pressestimmen

WORMSER ZEITUNG, Worms (19.10.2020):

Reminiszenz an Altmeister des Rock und Pop

Publikum feiert David Bowie -Coverband “Heroes” im Wormser / Unprätentiöses Auftreten der jungen Musiker

Als David Bowie am 18. Juni 1987 im Stuttgarter Neckarstadion im Rahmen seiner „Glass Spider Tour“ auftrat, hätte keiner der sieben Musiker aus Schwäbisch Hall, die am vergangenen Freitag im Wormser auftraten, da mal eben hinfahren können. Die Mitglieder der Formation „Heroes“, die musikalisch dem so schmerzlich vermissten Genie Tribut zollen, waren zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht geboren. Doch die Jugend ist unbekümmert, und abgesehen davon tat es allen, sowohl dem Publikum als auch den Musikern äußerst gut, in diesen Zeiten wieder mal Live-Musik zu hören respektive zu spielen. Diese Freude trug durch den ganzen Abend. Und Tatsache ist: Die Band „Heroes“ lieferte brillant ab! Auch wenn Sänger Jonas Kalnbach, der optisch gut als junger Jim Morrison von den Doors durchgegangen wäre, ausführlich betont, dass man durchaus eigenständig sein will und keine Eins-zu-eins-Kopie bieten möchte, präsentierten die Musiker, deren Durchschnittsalter um die 24 Jahre liegt, einen bemerkenswerten Querschnitt des musikalischen Schaffens des am 16. Januar 2016 gestorbenen David Bowie.

Wie kein anderer hat sich der Brite in den über 40 Jahren seiner Karriere künstlerisch stets extrem gehäutet. Vom Glamrockstar in den frühen 70ern mit seinem Alter Ego „Ziggy Stardust“, über den „Thin White Duke“ der Berliner Jahre bis hin zum Dancefloor-Helden im Chic der 80er. Bowie war nie der, den die Fans meinten vor sich zu haben. Selbst sein unheilbarer Leberkrebs, um den er wusste, verstand der Künstler, der nur 69 Jahre alt wurde, noch in dem Werk „Lazarus“ zu verarbeiten, das noch im März 2020 auch im Wormser zu sehen war. Die Jungs aus Schwäbisch Hall treten würdig in diese großen Fußstapfen. Schon der Opener „Stay“ aus dem Jahre 1975 ebnet den Weg. Kalnbachs Stimme ist nahe an Bowie, aber man hört auch in dieser Leichtigkeit, dass er das Timbre nicht mit aller Gewalt erzwingen will. „Heroes“ können auch deftig rocken wie bei „Rebel Rebel“, und selbst wenn es etwas vertrackter wird, hat Keyboarder Ferdinand Reutter all die nötigen Sounds auf Abruf. „Ashes to ashes“ erzeugt Gänsehaut. Das Faszinierende an dieser Formation ist der Widerspruch, der sich aus dem unprätentiösen, fast wie eine Schülerband wirkenden Auftreten der Musiker und dem hochklassigen musikalischen Output ergibt. Die Interpreten sind perfekte Dienstleister, die mit grundsympathischem Habitus in der Schatzkiste von Bowies Oeuvre wühlen. Aber die Eigenständigkeit? Die hört man durchaus. Bei „Let’s dance“ wird im Mittelteil munter über das von Jonas Vohmann gespielte Bassthema improvisiert, inklusive Schlagzeugsolo von Jonas Martin. Mit Leo Enders und Jan Martin an den Gitarren und Joscha Eißen am Saxophon kommt da eine Groove-Melange in Fahrt, die es in sich hat. Gerade bei den Swing-Pop-Songs wie „Young Americans“ geht es nicht ohne Saxofon. Gitarrist Enders pflegt in seinen Soli den sphärisch klaren Klang im Stil eines David Gilmour und Reutter darf mit einem herrlich elegischen Piano-Intro zu „Life on Mars“ glänzen. Ganz zu schweigen von der minimalistischen vorzüglichen Trioarbeit mit Gesang, Schlagzeug und Keyboard bei „Bring me the Disco King.“

Natürlich servierte die Band auch all die Klassiker von „Heroes“ bis hin zu „Space Oddity“ oder „China Girl“. Das Publikum, das dank eines aufwändigen Sicherheitskonzeptes ins Wormser kommen konnte, war begeistert angesichts des positiven „Schwabenstreichs“ der sieben jungen Männer, die durch ihr Können zeigten, wie sehr David Bowie fehlt! Um es mit Ian Hunter zu sagen, der 2016 in seinem anrührenden Abschiedssong „Dandy“ über Bowie sang: „Die Welt war schwarz und weiß, du zeigtest uns, wie es ist, in einem Regenbogen zu leben.“ Für zwei Stunden strahlte dieser dank „Heroes“ im Wormser.

Quelle: Wormser Zeitung  |  Autor: Gernot Lahr-Mische